Nach langer Vorbereitung sitze ich Mitte Juli 2020 im Auto mit meinem Kobold auf dem Dach und fahre Richtung Rostock zum Fährhafen. Ich habe eine lange Fahrt vor mir, denn morgen Abend möchte ich in Tvärnö ankommen, eine kleine Insel bei Östhammar und Gräddö ca. 150 Km nördlich von Stockholm. Dort wohnt mein Paddelfreund Wolfgang und wir möchten eine 10 Tage Tour durch die Åland Inseln inklusive Querung der Ostsee über ca. 30 Kilometer unternehmen. Auf Tvärnö angekommen und nach einem herzlichen Empfang stelle ich mein Zelt auf. Morgen beginnt eine anstrengende Tour und ich möchte mich ausruhen.

Am ersten Tag paddeln wir von Tvärnö nach Singö in einem herrliches Paddelgebiet. Schnell sind wir auf Wasserflächen, die mein zweites Heimatgewässer, das Achterwasser und Peenestrom, weit übertreffen. Ich bin begeistert. An schönen Raststellen pausieren wir und Wolfgang kocht Kaffee. Ich muss mich an die Ruhe und Zeitlosigkeit erst gewöhnen noch möchte ich einfach nur paddeln und vorankommen. Am Abend erreichen wir den Zeltplatz auf Singö.
Der Wind macht uns einen Strich durch die Rechnung
Am nächsten Tag starten wir die Querung und es ist ziemlich windig. Bei 5 bis 6 Beaufort kämpfen wir gegen die Wellen an. Nach ca. 3 Km Richtung offenes Meer müssen wir der Vernunft nachgeben und unser Vorhaben abbrechen. Es ist nicht machbar bei diesen Bedingungen zu queren. Wir beschließen Richtung Grissleham zu paddeln um dort eine Überfahrt mit der Fähre zu organisieren.

Wir erkunden die Inseln bei Gräddö
Die Fahrt in den Hafen von Grissleham ist eine echte Herausforderung bei hohem Wellengang aus allen Richtungen. Wolfgang versucht Tickets für die Überfahrt mit der Fähre zu kaufen. Pech… In Finnland gelten härtere Corona-Bestimmungen, also dürfen wir nicht einreisen. Also beschließen wir auf der schwedischen Seite, in den Gewässern zwischen Östhammar und Gräddö, zu paddeln. Nach einem Krabbenbrötchen transportieren wir unsere Boote von der offenen Ostsee auf die Binnenseite um in Richtung Richtung Väddö paddeln. Jetzt herrschen beste Paddelbedingungen und schon bald finden wir einen Zeltplatz und stellen unser Zelt auf. Am nächsten Tag fahren wir den gesamten Kanal mit Ziel Skeppsmyra. Der letzte Teil der Strecke ist nun wieder etwas anstrengender, da wir in offenes Gewässer gelangen. Das war unser Ziel. Morgen möchten wir Richtung Villösan und Arholma paddeln.

Nach ausgiebigen Frühstück machen wir uns auf den Weg. Ich freue mich, dass wir wieder guten Wellengang haben. Das Paddeln macht mir dann mehr Spaß als in ruhigem Wasser. Die Inseln bieten sehr schöne Buchten und echtes Schären Feeling. Ich habe mich mittlerweile an das ganztägige Paddeln gewöhnt und verschwende keine Zeit an die Arbeit zu Hause oder Corona.

Die nächsten 2 Tage paddeln wir von unserem Standort in Vätö jeweils die Gegend ab. Nun ist schon die Hälfte der geplanten Zeit vergangen und morgen werden wir Richtung Singö aufbrechen. Der neue Tag beginnt und der Wind aus Richtung West ist ziemlich stark aufgekommen. Wir paddeln Richtung Norrtälje gegen heftigen Gegenwind. Ich habe das Gefühl, dass wir uns nicht fortbewegen bevor wir nach etwa 6 Km und über 2 Stunden bei Väthövda in Richtung Norden abzweigen und Windschutz haben. Diese 6 Km waren mit Sicherheit der anstrengendste Abschnitt der gesamten Tour. Nach einem ordentlichen Stück im Kanal nutzen wir heute zum ersten mal das Jedermann Recht an einen wunderschönen Platz mit Tisch und Bänken. Nach der langen Fahrt bin ich redlich müde und freue mich auf meinen Schlafsack.

Zurück nach Singö
Über Grissleham und einem weiteren Krabbenbrötchen fahren wir die nächsten beiden Tage nach Erkshäll um die dortigen Inseln zu erkunden. Auch hier ist es sehr schön. Auf einer kleinen Insel finden wir einen traumhaften Natur Camping Platz. Hier stelle ich wieder überrascht fest, dass Bargeld in Schweden kaum noch eine Bedeutung hat. Ganz selbstverständlich bezahlen wir an diesem abgelegenen Ort mit Karte und genehmigen uns ein Bier. Nach weiteren Erkundungsfahrten machen wir einen Abstecher nach Öregrund und besuchen eine schöne kleine Hafenstadt mit guter Möglichkeit im Hafen anzulanden. Wolfgang kennt hier ein sehr schönes Café. Da wollen wir hin, Kaffee trinken und Kuchen essen. Morgen ist schon der Tag der Heimfahrt. Wie schnell sind die letzten Tage vergangen!

Auch dieser Tag begrüßt uns mit kräftigem Wind. Die Windrichtung lässt erahnen, dass es heute noch einmal anstrengend wird. Auch der letzte Paddeltag in Schweden verlangt noch einmal alles von mir. Zwischenzeitlich habe ich das Gefühl, dass ich es nicht schaffe. Aber ich paddele einfach immer weiter. Der Wind hat kein Erbarmen und kommt nicht zur Ruhe. Je näher das Ziel kommt um so mehr ändern sich meine Gefühle. Ich werde immer euphorischer und spüre die Anstrengung nicht mehr. Das letzte Stück drehen wir Richtung Nordwest und haben nun Rückenwind und mächtigen Wellenschub von hinten.

Was für ein Abschluss. In den letzten 10 Tagen sind wir ca. 280 Km bei unterschiedlichsten Bedingungen gepaddelt und ich bin froh, dass ich es geschafft habe. In Tvärnö werden wir schon von Antje, der Frau von Wolfgang, erwartet. Wir verbringen gemeinsam noch einen sehr schönen Tag mit einem Wanderausflug, Baden und Grillen.
Für mich ist die Zeit gekommen Abschied zu nehmen. Es ist abgemacht, dass wir eine weitere Tour in Schweden machen. Diesmal hat es irgendwie geklappt, trotz Corona. Auch in diesem Jahr erweist sich die Planung als schwierig aber ich bin zuversichtlich, dass wir in Schweden paddeln werden.

Weitere Beiträge findet ihr in unserem Blog Kajakblog Grünheide. Informationen zu unserem Bootshaus in Grünheide findet ihr hier Bootshaus am Peetzsee e.V..